Warum Persönlichkeitstests so wichtig sind

Ich denke es ist für niemanden hier die ganz große Erkenntnis, dass menschliche Wahrnehmung nicht immer objektiv, fair und gerecht ist. Die wichtigste Frage ist eher, wie sehr die Selbstwahrnehmung wirklich schief läuft und wie sehr wir uns der Diskrepanz zwischen Selbstbild und Fremdbild bewusst werden können.

 

Was alles unser Selbstbild verzerrt

Die buddhistische und daoistische Philosophie hat schon vor über zweitausend Jahren erkannt, dass wir uns selber betrügen. Daher lautet auch einer ihrer Grundregeln, dass man nichts beurteilen soll, sondern die Dinge einfach wahrnimmt – indem man sie völlig unbewertet realisiert. Diese Art der Denke hilft auf jeden Fall schon mal ein neutraleres Bild von sich zu bekommen. Sehr abstrakt und schwierig umzusetzen. Dazu ist viel Meditation notwendig.

Dale Carnegie hat in seinem Buch mit dem Titel „Wie man Freunde gewinnt“ das komplette Problem menschlicher Selbsttäuschung schon eher praxisnah dargelegt. Das erste Kapitel beginnt damit, dass er aufzählt, wie einige Schwerverbrecher die Welt gesehen haben. Al Capone, einer der bekanntesten Gangster der Prohibitionszeit hat sich zum Beispiel für einen Wohltäter gehalten, der etwas Gutes für die Gesellschaft macht. Darauf dann die Frage: Wenn sich solche bösen Menschen schon für gut halten, wie sehen sich dann völlig normale Menschen?

Sicher, es kann natürlich sein, dass normale Menschen viel mehr reflektieren als solche Gangster, aber das Prinzip ist klar: Wir alle halten uns immer für fair und gerecht – böse und intrigant sind immer die anderen.

Carnegie schlägt als Lösung dafür vor, dass man den Menschen ihre kleinen Fehler verzeiht und diese einfach ignoriert. Ihnen quasi immer nach dem Mund redet, dann werden wir von allen geliebt werden. Ob das immer zielführend ist….

Etwas wissenschaftlicher gesehen, gibt es da eine Reihe von gut dokumentierten Wahrnehmungsfehlern. Psychologen haben festgestellt, dass es immer die gleichen Muster sind, die unsere Interpretation der Umstände prägen. Nur um einige zu nennen:

  • Halo Effekt
  • Primacy Effekt
  • selektive Wahrnehmung
  • logische Fehler
  • Kontrastfehler
  • Vorurteile
  • usw.

Es scheint also so zu sein, dass wir Menschen instinktiv Mechanismen im Gehirn haben, die dafür sorgen, dass wir nicht zu viel über die Dinge nachdenken. Denn das kostet Energie und das Gehirn will seine Ressourcen schonen. Es wurde in einer Zeit entwickelt, in der Nahrung knapp war und wir Menschen mit minimalen Mitteln auskommen mussten. Solche fehlerhaften Denkmuster helfen uns dabei die Welt einzuordnen und sie „helfen“ uns dabei uns nicht permanent selbstkritisch zu hinterfragen. Denn das würde unsere Psyche in einen permanenten Krisenzustand versetzen.

Das Resultat: die dümmsten und beschränktesten Menschen der Welt sind immer die, die mit sich am allermeisten zufrieden sind. Schuld an Problemen, sind immer die anderen. Diese Menschenmenge lässt sich auch mit dem Synonym „Trump-Wähler“ zusammenfassen.

Als letztes wäre da noch Sigmund Freud und eine ganze Reihe unbewusster Verdrängungsmechanismen. Diese sind viel tückischer als die Wahrnehmungsfehler, denn sie steuern unser Verhalten durch die Hintertür, ohne dass wir es merken:

  • Verdrängung
  • Verleugnung
  • Rationalisierung
  • Reaktionsbildung
  • Intellektualisierung
  • Verschiebung
  • …. hier die Liste… mit den Beschreibungen

Ein fiktives Beispiel für Reaktionsbildung:

Mein Chef behandelt mich wie Dreck und ich hasse ihn. Da ich meinen Hass nicht leben kann, behandle ich ihn zuvorkommend und mit ausgesuchter Höflichkeit. Zu Hause lache ich mir dann ins Fäustchen und denke mir: „Haha, wenn der Idiot wüsste, wie sehr ich ihn hasse. Den führe ich ja sowas von an der Nase herum.“ Das gibt mir ein Gefühl der Überlegenheit und lässt meine Psyche vergessen, dass ich in einer Situation stecke, in der ich in Wirklichkeit das ärmste Schwein auf der Welt bin.

 

Wie man sich von diesen Fehlern befreit

Wer diese ganzen Mechanismen kennt und sich der Konsequenzen bewusst ist, der kann diese Fehler ablegen und die Dinge so sehen wie sie sind. Dafür muss man seine Persönlichkeit reflektieren, permanent und mit Hilfe von Extern. Nicht umsonst wird man beim Führungskräfte Coaching von allen Richtungen durchleuchtet und daraufhin geschult nicht die Welt den eigenen Vorstellungen anzupassen, sondern sich den Realitäten zu stellen. Denn wer sich immer nur von Wunschdenken leiten lässt, der ist nicht in der Lage eine Firma zu führen. Bzw. bedingt. Siehe die Geschichte von Max Grundig – ein typischer Patriarch, der sein Unternehmen zugrunde gerichtet hat, weil er immer dachte, dass er alles besser weiß und die Welt sich schon irgendwie seinem Willen beugen wird.

Die Realität ist manchmal hart zu ertragen, aber nur wer sich ihnen stellt, der lernt dazu und entwickelt sich weiter. So wird man zu einer echten, kultivierten und respektierten Persönlichkeit.